23. Juli 2023

Statement zu den queerfeindlichen Angriffen und Vorfällen am Tag des 45. CSD Berlin

Liebe Community,
Hallo an alle Menschen,

wie so häufig in letzter Zeit, sind im Laufe des gestrigen Tages – leider auch bei uns in Zusammenhang mit unserer 45. Berlin Pride Demonstration – Vorfälle und Angriffe gegen Menschen unserer Community geschehen. Hass, Angriffe und Gewalt verurteilen wir auf das Schärfste.

Ganz wichtig vorab:

Wir möchten direkt am Anfang darauf hinweisen: Zeigt Vorfälle an! Sucht euch Hilfe! Nutzt eure Möglichkeiten und Rechte, dokumentiert Angriffe jeglicher Form, sofern es euch nicht weiter in Gefahr bringt oder dokumentiert Vorfälle für Angegriffene, solltet ihr diese mitbekommen. Sucht euch sofortige Hilfe im Nachgang und meldet es unter anderem queeren Initiativen wie Maneo oder L-Support. Nutzt unbedingt auch die Internetwache der Polizei Berlin.

Zur Einschätzung der Lage:

Der CSD wurde in seiner Gesamtlage, auch insbesondere hinsichtlich der enormen Größe seitens der Polizei und anderer Gewerke als „friedlich“ oder „meist friedlich“ eingestuft. Das bedeutet nicht, dass es keine Angriffe oder Einsätze gab. Die Anzahl der Strafanzeigen ist ausschließlich im Verhältnis zur Teilnehmendenzahl „gering“. Der Austausch aller Gewerke ist über den gesamten Tag in guter Zusammenarbeit abgelaufen und durch eine gemeinsame Koordinierungsstelle dauerhaft gewährleistet wurden. Auch wir als Verein empfanden den Ablauf und das Stimmungsbild als friedlich. Bis auf zwei uns bekannten Information (Samstagnachmittag) eines homofeindlichen Übergriffs eines Ordners auf eine Drag-Queen und eines handgreiflichen Übergriffs auf einen Volunteer, war dem Verein bis zum Ende der Demo kein weiterer Angriff bekannt, der nicht bereits durch die Polizei dokumentiert wurde. Der CSD Verein hat sich umgehend mit der betroffenen Drag-Queen auf mehreren Kanälen in Verbindung gesetzt. Dabei haben wir den Angriff verurteilt, unser Mitgefühl zum Ausdruck gebracht und umgehend dazu informiert, dass der Verein dies zur Anzeige bringen wird. Wir haben uns zum Austausch des dokumentierten Materials verabredet.

Hintergrundinformationen zum uns bekannten Vorfall:

Bezüglich der eingesetzten Ordner:innen der Fahrzeuge, möchten wir mitteilen, dass diese Kräfte nicht durch den CSD, und somit auch nicht durch den Verein beauftragt werden oder wurden. Die Suche nach Ordner:innen, die zur Absicherung gilt, erfolgt durch jede:n Fahrzeuganmelder:in eigenständig. Das ist seit Jahrzehnten Praxis einer Demonstration. Ferner wurden Fahrzeuganmeldende nach dem letztjährig bekannten Fall auch darauf hingewiesen, dass der Verein nicht nur Angriffe und Übergriffe, sondern auch Gedankengut und Symbole queerfeindlicher Strukturen verurteilt. Ein solcher Fall ist für 2023 nicht bekannt.

Unsere Bitte:

Solltet ihr Dokumentationen zu Beleidigungen, Angriffen, Übergriffen oder ähnlichen queerfeindlichen Sachverhalten haben. Sendet uns diese gern unter community@csd-berlin.de zu. Wir möchten, gemeinsam mit Opfern menschenfeindlicher Angriffe, eine strafrechtliche Verfolgung  erwirken.

Der Tag nach der Demo:

Einen Tag nach der Demo erreichen uns Hinweise über dem Verein bisher unbekannten, weiteren queerfeindlichen Angriffen auf dem CSD selbst. In der aktuellen Anzahl zwei. Jeder Angriff ist genau einer zu viel, sollte strafrechtlich verfolgt und durch Gerichte oder die Polizei bestraft werden.  

Weitere Vorfälle mit einem potentiellen Bezug zum CSD:

Die Berliner Zeitung berichtet, dass in Alt-Hohenschönhausen eine Transfrau und zwei Begleiterinnen von Jugendlichen verfolgt und angespuckt wurden. In Schöneberg wurde einem homosexuellen Mann das T-Shirt zerrissen.

Der Tagesspiegel berichtet, dass am frühen Samstagabend fünf Menschen ein Transparent mit volksverhetzendem Inhalt am Geländer des Gebäudekomplexes am Fernsehturm in Mitte angebracht haben sollen.

Ob homo-, trans- oder anderweitig menschenfeindliche Angriffe, ob Beleidigungen durch Demostörende oder in uns bekanntem Fall, durch einen vereinsfremden Ordner eines Fahrzeugs, welche uns im Verlauf des gestrigen Tages erreichten: Wir verurteilen alle Angriffe, fordern Aufklärung und möchten nochmals daran festhalten, dass die queere Community besser durch schnelles Handeln von Politik und die Änderung Erweiterung unseres Grundgesetzes geschützt werden müssen.

Hinweis in eigener Sache:

Jeder queerfeindliche Angriff ist inakzeptabel und niemals hinnehmbar. Wir möchten deutlich betonen, dass der CSD und damit der Verein keinerlei Verantwortung für diese feigen Taten trägt. Es ist äußerst bedauerlich, dass einige wenige Stimmen innerhalb der Community versuchen, diese Angriffe als Plattform für persönliche Kampagnen gegen unseren historischen CSD-Verein zu nutzen. Eine solche Vorgehensweise ist nicht nur beschämend, sondern auch zutiefst falsch. Lasst uns gemeinsam dafür einstehen, dass Liebe, Akzeptanz und Gleichberechtigung die Grundprinzipien sind, die der Berliner CSD e.V. verkörpert. So oft haben wir es doch gestern auch auf unserer Bühne und bei den Reden auf den Trucks gehört: Lasst uns miteinander und nicht übereinander reden! Und jetzt heißt es für uns: Nach dem CSD ist vor dem CSD.

Zum Abschluss nochmals der Hinweis:
Zeigt Vorfälle an!
Sucht euch mentale Hilfe im Nachgang!

Euer
Berliner CSD e.V.